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doris rothauer

Wie erreiche ich mehr Wirkung? Tools und Methoden

Aktualisiert: 18. Jan. 2020

Wir haben uns einige Wirkungs-Methoden aus dem sozialunternehmerischen Bereich genauer angesehen und zeigen, wie man diese erfolgreich anwenden kann.

Das Museum of Modern Art in New York untersucht regelmäßig die Wirkung eigener Projekte und der Vermittlungsprogramme. Die Ergebnisse und Learnings daraus werden anderen Kultureinrichtungen weitergegeben. (Jackson Pollock, One: Number 31, 1950, © 2019 Pollock-Krasner Foundation/Artists Rights Society (ARS), New York, Photo: Jason Brownirigg.

Was ist Wirkung? Was versteht man unter Wirkungsorientierung? Und wie lässt sich Wirkung planen?


Wir definieren Wirkung im Kontext von Kulturinstitutionen als positive Veränderungen, die man mit seinen Aktivitäten bei den Zielgruppen, deren Lebensumfeld oder der Gesellschaft erreicht. Sei es eine Veränderung von Bewusstsein, Fähigkeiten, Wissen, Werten, Haltungen, sei es daraus resultierende Veränderungen im Handeln oder in der Lebenslage, sei es der Anstoss für gesellschaftliche Veränderungen – all dies ist Wirkung, in unterschiedlichen Ausformungen.


In einer Zeit, die von massiven gesellschaftlichen Umbrüchen und Veränderungen gekennzeichnet ist, bekommt Wirkungsorientierung eine besondere Relevanz, denn wir alle können und sollten mit unserem Tun und Handeln zu positiver Veränderung beitragen. Das gilt für Kunst und Kultur als tragende Säulen gesellschaftlicher Entwicklung in besonderem Masse.


Wirkungsorientierung ist Auftrag und Verantwortung. Davon sind wir überzeugt.

Im institutionellen Kontext meint Wirkungsorientierung die strategische Planung, Evaluierung und Kommunikation von Wirkung. Wirkungsorientierung bedeutet, dass ein Projekt darauf ausgelegt ist, Wirkung zu erzielen und dass es entsprechend geplant,

umgesetzt, evaluiert und kommuniziert wird. Wirkungsorientiertes Handeln erfordert daher eine klare Vorstellung davon, was bei wem erreicht werden soll. Genau das ist aber nicht immer im Fokus unserer tagtäglichen Arbeit. Eine „strategische Auszeit“ und entsprechende Methoden und Tools können helfen, den Fokus wieder zu schärfen.


Wir haben uns Wirkungsmodelle aus dem sozialunternehmerischen Bereich angesehen und im Kulturbereich angewendet. Bei den verschiedenen Modellen steht immer die Wirkung Mittelpunkt, nicht der Profit oder die reine Leistungsplanung. © Robin Holland, moma.org

Neue Ansätze dazu werden derzeit im sozialunternehmerischen Bereich erfolgreich entwickelt. Für Sozialunternehmer steht die Wirkung dessen, was man tut, an erster Stelle, nicht der Profit. Es geht darum, mit unternehmerischen Mitteln eine nachhaltige Verbesserung von Lebens- und Arbeitssituationen zu erreichen – einen social Impact. In Zeiten steigender Unzufriedenheit und Ungleichheit stösst die Social-Entrepreneurship-Bewegung auf fruchtbaren Boden.


Wir haben uns einige der Wirkungs-Methoden und Tools aus dem sozialunternehmerischen Kontext genauer angesehen und erprobt, in wie weit sie auch für den Kunst- und Kulturbereich, und im Besonderen für Museen, hilfreiche Unterstützung bieten können. Zwei

davon wollen wir in diesem Beitrag vorstellen. Wirkungsorientierung geht von der Logik aus, die Frage nach der Wirkung (= Outcome) über

die reine Leistungsplanung und -erbringung (= Output) zu stellen.



Tool Nummer 1 - Die Wirkungstreppe


Die sogenannte „Wirkungstreppe“ verdeutlicht den Unterschied, hier illustriert anhand eines Beispiels aus dem Bereich der Kunstvermittlung:



Stufe 1:

Im Rahmen unserer Vermittlungstätigkeit bieten wir 20 Führungen und 5 workshops im Monat an.

Stufe 2:

Über unseren newsletter informieren wir 2.000 potentielle Besucher über unsere Angebote.

Stufe 3:

250 Teilnehmer pro Monat nehmen unser Vermittlungsprogramm wahr.

Stufe 4:

Workshop-Teilnehmer lernen sich kreativ auszudrücken.

Stufe 5:

Kreative Ausdrucksformen werden fixer Bestandteil der Freizeit; Teilnehmer ändern ihre Einstellung zu einem Thema, das Inhalt der Vermittlung war; etc.

Stufe 6:

Workshop-Teilnehmer bauen durch die Auseinandersetzung mit Kunst Stress ab; ihr Selbstwertgefühl wird aufgewertet; etc.

Stufe 7:

Kunstvermittlung wird ein fixer Bestandteil im Lehrplan an allgemeinen höheren Schulen.



Tool Nummer 2 - Die "Theory of Change"


Ein umfassendes Tool zur ganzheitlichen Planung und Darstellung von Wirkungsorientierung ist die „Theory of Change“, ein Wirkungsmodell, das erklärt, welchen Impact ein Projekt auf seine Zielgruppe bzw. Nutznießer erzielt.


  • Es ist ein strukturiertes Tool zur schrittweisen Erarbeitung einer Wirkungsstrategie.

  • Es ist eine Art Landkarte/Road Map, die bei der Planung und Umsetzung unterstützt.

  • Es ist ein internes Kommunikationstool, das Identifizierung und Motivation

  • ermöglicht.

  • Es ist ein lebendes Narrativ, das beim Storytelling und Reporting unterstützt.


Als grobes Schema für ein Wirkungsmodell kann der folgende Ablauf und Fragenkatalog dienen, der freilich immer individuell adaptiert und vertieft werden muss:


  1. Problemanalyse: Was ist das gesellschaftliche Problem bzw. die Herausforderung, die adressiert werden soll? Warum besteht dieses Problem, was sind seine Ursachen, was seine Folgen?

  2. Vision & Ziele: Was wäre die ideale Situation in der Zukunft?

  3. Zielgruppe(n): An wen adressiert sich unser Angebot und Lösungsansatz, wer ist direkt davon angesprochen bzw. wird erreicht (direkte Zielgruppe)? Wer profitiert indirekt davon bzw. ist mit eingebunden (indirekte Zielgruppe)?

  4. Wirkung (Outcome & Impact): Was sind die intendierten Veränderungen (Wirkung bzw. Outcome) bei der/den Zielgruppe(n)? Sollen Veränderungen auf gesellschaftlicher Ebene (Impact) erzielt werden?

  5. Aktivitäten (Output): Welche Aktivitäten sind geeignet bzw. setzen wir, um diese Wirkung zu erzielen?

Ein Beispiel zur Anregung


Im Zuge eins internationalen Mentoring-Programmes von Ashoka Österreich und der Essl Foundation hatte ich als Beraterin und Mentorin die Aufgabe, gemeinsam mit dem für Inklusion zuständigen Vermittlungsteam des Museum of Modern Art in New York eine Theory of Change für ihre inklusiven Vermittlungsangebote zu erstellen. Das Wirkungsmodell sollte als Grundlage für eine Skalierungsstrategie dienen, die dem MoMA ermöglichte, sein umfassendes Wissen im Bereich Inklusion an andere Museen weiterzugeben und so zu einer breiten Verankerung von inklusiven Museen beizutragen.


Der schrittweise Prozess zur Formulierung und Darstellung der Theory of Change war getragen von einer intensiven internen Diskussion und

Evaluation dessen, was das Museum über einen Zeitraum von rund 30 Jahren an Erfahrung gesammelt hatte.


Hier sind einige der Kernaussagen, die wir in eine grafische "Road Map" eingebaut hatten:


Social Problem: Approximately 20% of the world population live with some form of disability and yet individuals with disabilities are often denied equality of participation within cultural institutions, due to the existence of various barriers. These barriers can be physical, attitudinal, social or programmatic, or may relate to communication, policy, or transportation. This exclusion leads to social isolation and negatively impacts the quality of life, as cultural participation is a fundamental part of the human experience.


Ultimate Goals & Vision: Individuals with disabilities achieve full equality of participation within cultural institutions and this cultural participation offers opportunities for self-expression, social connectedness and empowerment that positively impact quality of life.


Outcomes:

  • Individuals with disabilities develop their creativity and hone visual thinking and observation skills.

  • Individuals with disabilities experience increased social connectivity and less social isolation.

  • Individuals with disabilities experience enhanced agency by feeling seen and heard while participating in a cultural community.

  • MoMA staff embrace the social model of disability and work to remove barriers for people with disabilities, their families and friends.


Mittlerweile kann das MoMA die Wirkung seiner umfangreichen Aktivitäten zur „Accessibility“ konkret erfassen und evaluieren. Zudem wird in Tutorials, Workshops, Videos und Publikationen das Wissen an andere Museen weitergegeben, ganz im Sinne eines

weiteren Outcomes, der in der Wirkungsstrategie so formuliert wurde:

Arts institutions apply new attitudes towards universal inclusion that enhance the overall visitor experience.


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2 Kommentare

2 comentarios


doris rothauer
13 ene 2020

Lieber Bernd, vielen Dank für dein Interesse und deinen Kommentar. Wir sind bei dir und davon überzeugt, dass das Thema sowohl in Kultureinrichtungen als auch in öffentlichen Debatten nach wie vor unter beleuchtet ist. Was kann man tun? Sich mit gleichgesinnten KollegInnen und Institutionen verbinden, vernetzen, Synergien schaffen, gemeinsam Druck ausüben, und: das Thema in die Medien bringen, die richtigen Geschichten über die eigene Wirkung erzählen. Ein Wirkungsmanagement und reporting einführen und zum Vorbild machen. Wir arbeiten hier an entsprechenden Angeboten und versuchen das Thema in unterschiedlichen Foren zu pushen - in dem Wissen, dass es dafür viel Überzeugungsarbeit und Energie braucht. Daher freuen wir uns über jede Beteiligung!

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holtwick.bernd
08 ene 2020

Wir arbeiten an der Wirkungsorientierung für unser Haus, die DASA in Dortmund. Ich finde das Thema absolut zentral, aber frage mich manchmal, welche Impulse es braucht, um dem größere Aufmerksamkeit zu verschaffen.

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