Ein großes Hindernis im Museum ist eine zu komplexe Sprache, sagt Nadja Al-Masri-Guttermig vom Salzburg Museum. Vor fünf Jahren hat die Kunstvermittlerin - gemeinsam mit Kolleg_innen - erste Schritte hin zu einer barrierefreien Kommunikation im Museum unternommen. Heute ist das Salzburg Museum damit Vorreiter. Mit einfachen Texten will das Museum möglichst viele Menschen erreichen.
Ein guter Freund meinte vor ein paar Tagen: Sprache schafft Bewusstsein. Sie prägt unser Denken und Handeln. Wörter können trösten oder tief verletzen, manipulieren und sie beeinflusst wie wir die Welt sehen. Leichte Sprache ist ein Schlüssel zum Museum, ist Nadja überzeugt. Für einen Rollstuhlfahrer stellt eine große Stiege eine Barriere dar. Unverständliche oder schwer verständliche Texte sind hingegen bei der Informationsbeschaffung eine Hürde. Kann ich mir selber ein Bild von einer Sache, einem Thema oder einer Ausstellung machen, dann kann ich mir auch eine eigene Meinung dazu bilden, beschreibt die Kulturvermittlerin & Pädagogin die Motivation Leichte Sprache im Museum flächendeckend einzusetzen.
Im Salzburg Museum findet man heute sehr viele Texte in Leichter oder Einfacher Sprache. “Doch angefangen hat alles mit Führungen in Einfacher Sprache. Mit den Wandtexten im Ausstellungsraum verhält es sich anders, das hat länger gedauert.” Martin Hochleitner, der Direktor des Salzburg Museums, unterstützte das Projekt von Anfang an. “In einem nächsten Schritt war es notwendig, jeden Einzelnen Mitarbeiter im Museum mitzunehmen”, erklärt Nadja den internen Prozess.
“Leichte Sprache ist zur Selbstverständlichkeit in Ausstellungen des Salzburg Museums geworden. Aber es wird bei jeder Ausstellung aufs Neue diskutiert und verhandelt in welcher Form dieses Angebot gestellt wird. Das ist deshalb notwendig da keine Ausstellung wie die andere ist und man sich immer überlegen muss wer die Besucher sind und welche Informationen sie benötigen”, so die Kulturvermittlerin.
Ein Beispiel: In der Ausstellung “ALFRED KUBIN – SPUREN IN SALZBURG” findet man ausschliesslich Texte in Einfacher Sprache. Im Festungsmuseum - einer im Umbau befindlichen Außenstelle - setzt man in Zukunft zur Gänze auf Texte in Einfacher Sprache. Egal ob in Deutsch, Englisch oder Mandarin. Damit will man so viele Menschen wie möglich erreichen. Kinder, Menschen mit nicht-deutscher Muttersprache, lernbeeinträchtigte Personen ebenso wie Menschen mit Leseschwäche.
“Im Festungsmuseum, dass zum Großteil von Touristen mit nicht Deutscher Muttersprache und Familien mit Kindern besucht wird macht es Sinn Texte nur in Leichter Sprache anzubieten. Bei einer Ausstellung deren Thema die NS Zeit in Salzburg ist, würde ich persönlich auf vertiefende Texte nicht verzichten”, meint Nadja, die die Kombination verschiedener Textsorten besonders gut findet.
Besonders wichtig ist es dem Salzburg Museum, dass die Texte von den Besucher_innen angenommen werden. Regelmäßige Publikumsbefragungen sind Standard. Evaluierungen sind bei der Weiterentwicklung des Angebotes relevant. Im Gespräch mit Cultural Impact verrät uns die Kulturvermittlerin, dass die Reaktionen auf Leichte Sprache-Texte durchwegs positiv sind. Und was, wenn doch Kritik kommt? “Die Kritik ist super. Weil dann wissen wir, wo wir uns verbessern können.”
Damit nimmt das Museum eine Haltung ein. Sprache stellt - besonders in Museen - eine immer noch große Barriere dar. Im Salzburg Museum werden die Texte in Leichter und Einfacher Sprache vom gesamten Team mitgetragen. Es gibt ein eigenes Budget und die Texte werden in den Ausstellungen gleichberechtigt neben den herkömmlichen Texten gezeigt.
Vorbild Salzburg Museum
Das Salzburg Museum ist mittlerweile ein Vorbild für viele andere Museen im deutschsprachigen Raum. Das Dresdner Hygiene Museum und das Deutsche Historische Museum DHM setzen beispielsweise Leichte Sprache-Texte ein. Und in den Kunstmuseen? “Ja, das ist ein eigenes Kapitel.” Ein positives Beispiel ist für die Expertin das Lentos Museum in Linz. Dort wird seit vielen Jahren ein Booklet in leichter Sprache angeboten.
Kooperationen und langfristige Partnerschaften
Wenn es darum geht mehr über die Bedürfnisse der Besucher_innen herauszufinden setzt Nadja Al-Masri-Guttermig auf Kooperationen und langfristige Partnerschaften. “Die Lebenshilfe und Integrationsplattformen wissen ja viel konkreter, was die Leute brauchen, oder was sie nicht brauchen.” Ihr größtes Ziel ist es, Nicht-Besucher_innen ins Museum zu bringen. Und sie hat auch gleich ein passendes Beispiel parat: der Deutschkurs “Erzähl mir Salzburg. Deutsch im Museum”. Dieser wurde gemeinsam mit dem Sprachenzentrum der Universität Salzburg entwickelt. Auf diese Art lernen die Teilnehmer_innen eine Sprache und ein Museum kennen.
Mittlerweile ist die Leichte Sprache integraler Bestandteil der Museumskommunikation: “Heute wird im Museum nicht mehr darüber diskutiert ob wir es machen, sondern wie wir es machen”, meint Nadja stolz. Und das zu Recht! Viele Ausstellungstexte schreibt im Übrigen der Direktor selbst. Martin Hochleitner ist eine beeindruckende Persönlichkeit. Wie er Leadership definiert, was Teamgeist und Wirkungsorientierung für ihn bedeuten, dazu mehr in einem Interview.
Service:
Auch auf der Website des Salzburg Museums werden Texte in Leichter Sprache angeboten.
Und hier geht es zum Booklet des Salzburg Museums, mit vielen praktischen Beispielen.
Wie geht es euch mit Texten im Museum? Kennt ihr Museen, die in leichter oder einfacher Sprache kommunizieren? Wir freuen uns über Feedback, Tipps und Hinweise.
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