Martin Hochleitner, Kunsthistoriker und Direktor des Salzburg Museums, hat uns hinter die Kulissen blicken lassen: Im Interview mit Cultural Impact erzählt er über Audience Development, neue Formen des Leaderships und wo er mit dem Museum hin will.
Das Interview führte Kerstin Hosa
Cultural Impact: Sie leiten seit 2012 das Salzburg Museum und waren davor als Kulturmanager in Oberösterreich tätig. Was sind die großen Herausforderungen von Museen?
Hochleitner: Das kommt darauf an wo man steht. Für mich als Leiter eines Landesmuseums ist es die Frage nach der Identität. Wir denken permanent über unsere Funktion nach. Als Museum wollen wir die Zukunft der Gesellschaft mitgestalten. Ein Beispiel: Wenn wir hier eine Ausstellung zum Thema Kaffeehauskultur machen, dann muss ich vor dem Hintergrund meines Standortes gegenwärtige Fragen nach Diversität, Autoritätsdiskursen und Anti-Rassismus stellen.
Cultural Impact: Wie bildet sich dieser Zugang in der Organisationsstruktur des Museums ab?
Hochleitner: Wir haben im Museum eine hohe Durchlässigkeit. Bei uns können Kunstvermittler_innen Ausstellungen kuratieren und umgekehrt. Die großen Themen bearbeiten wir in Projektteams - natürlich mit klaren Zuständigkeiten.
Neue Perspektiven und Kompetenzen holen wir uns auch über Partnerschaften mit externen anderen Einrichtungen herein.
Cultural Impact: Welche Partnerschaften?
Hochleitner: Das ist ganz unterschiedlich und insgesamt ein großer Lernprozess. Also, dass man Experten herein- und mitreden lässt. Wir haben 15 Sammlungen und damit eine enorme Vielfalt an Themen. Letztlich versuchen wir hohe Qualität im jeweiligen Projekt zu erzielen.
Cultural Impact: Hereinholen und mitreden lassen ist ein gutes Stichwort. Das bringt mich zu Audience Development-Strategien. Ist das etwas, das Sie im Haus aktiv betreiben?
Hochleitner: Im Oktober findet bei uns der Österreichische Museumstag 2019 statt und wir werden darüber diskutieren, für wen wir sprechen. Das ist unser Kernthema. Wir überlegen uns sehr genau, die Definition unseres gesellschaftlichen Auftrags. Schließlich wollen wir Menschen erreichen und das versuchen wir zu leben. Wir arbeiten zum Beispiel in der Vermittlung sehr zielgruppenorientiert. Die größte Gruppe die wir mit unseren Angeboten ansprechen sind Lehrlinge - das ist besonders nachhaltig. Generell wird das Nachdenken über Formate und Angebote bei uns im Museum besonders gepflegt. Bei uns geht es nicht darum ein Produkt auf den Markt zu bringen, sondern um den gemeinsamen Austausch und darum, Wissen verfügbar und sichtbar zu machen.
Cultural Impact: Geht es Ihnen neben der Verfügbarkeit und Sichtbarkeit auch um Wirkungsorientierung?
Hochleitner: Ich bin mit dem Thema Wirkungsorientierung beruflich sehr früh in Berührung gekommen. Für mich ist Wirkungsorientierung ein Prozess. Es geht um klare Ziele und entsprechende Maßnahmen. Und dann natürlich auch um die Evaluierung von Projekten. Wir stellen generell zu Beginn eines Projektes immer die Frage: Für wen soll es eigentlich funktionieren. Bei der Ausstellung “Anschluß, Krieg und Trümmer” aber auch bei der “Leichten Sprache” haben wir das so gemacht.
Cultural Impact: Wie wichtig sind Ihnen in dem Zusammenhang Besucherzahlen beziehungsweise welche Erfolgsfaktoren sind für Sie relevant?
Hochleitner: Wir haben unsere Berichte umgestellt. Früher waren immer die Besucherzahlen am Anfang der Geschäftsberichte, jetzt stellen wir die Qualität an den Beginn.
Wir wollen zeigen, wie die Besucher_innen uns wahrnehmen. Man muss halt auch kommunizieren, dass es nicht nur um Quantität sondern auch um Qualität geht.
Cultural Impact: Was wäre ein weiterer Punkt der in diesem Zusammenhang relevant erscheint?
Hochleitner: Eine gute Mischung aus Theorie und Praxis ist mir wichtig. Dass wir offen sind für Lernprozesse. Wichtig ist, dass es neben den Ausstellungen noch viele andere Bereiche im Museum gibt. Denken Sie nur an die Sammlungspflege, die Inventarisierung - das braucht sehr viele Ressourcen. Wie wir das Wissen sinnvoll mit Objekten verbinden und sichtbar machen. Zum Beispiel mit unserer online Sammlung - das ist für uns ein wichtiger Bereich. Es ist schade, dass wir immer nur als Ausstellungshäuser rezipiert werden und nicht als moderne Übersetzer des Kulturerbes in die Zukunft.
Cultural Impact: Sehen Sie das als Grundauftrag des Museums?
Hochleitner: Schon. Nur, die Ressourcen für Inventarisierung, Lagerung und Depots sind eine große Challenge für ein Museum, jedoch kaum sichtbar. Bei uns wird das mit bedacht und wir haben die Unterstützung unserer Gesellschafter. Ausstellungen sind halt sichtbarer. Dazu kommt, dass viele Museen stark veranstaltungsorientiert handeln. Zu uns kommen sehr viele Touristen, aber in anderen Bundesländern ist das nicht so, da hat man mehr Gäste durch Veranstaltungen.
Cultural Impact: Das heißt, der Standort bestimmt die Herausforderungen?
Hochleitner: Entscheidend ist, dass wir sammlungs-, ortsbezogen und publikumsorientiert arbeiten. Das ist unser Ansatz. Die Publikumsorientierung wird bei uns sehr intensiv betrieben.
Cultural Impact: Das ist ein guter Schlusspunkt. Vielen Dank für das Gespräch.
Das Salzburg Museum ist ein Museum für die Kultur und Geschichte Salzburgs. Martin Hochleitner leitet seit 2012 das Salzburg Museum.
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