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doris rothauer

Mehr als ein Rückblick: Ein Jahr Cultural Impact

Aktualisiert: 28. Feb. 2020

Vier zentrale Ergebnisse aus unseren Recherchen rund um Wirkungsorientierung in Museen


Mit den Open:Space-Workshops hat alles seinen Anfang genommen: im Auftrag des damaligen Kulturministers haben wir in ganz Österreich Workshops durchgeführt und mit insgesamt mehr als 200 KulturarbeiterInnen über die gesellschaftliche Rolle von Kunst und Kultur diskutiert. Ein roter Faden durchzog alle Gespräche: der Wunsch nach mehr Gestaltungsmacht, Teilhabe und Partizipation in der Gesellschaft und einer neuen Sinnfindung des Kulturbereichs. © BKA

Ende 2018 haben wir Cultural Impact ins Leben gerufen. Zunächst als Forschungsprojekt (untersützt durch die FFG) und wenige Monate später haben wir den begleitenden Blog gestartet. Zeit nun, auf mehr als ein Jahr Recherchen und Arbeit zurück zu blicken.


Im Folgenden fassen wir vier unserer Key Findings zusammen:


1. Unsere Hypothese hat sich bestätigt, es braucht ein Umdenken:


Wie viele andere gesellschaftliche Bereiche ist auch der Kunst- und Kulturbetrieb von einer Entwicklung gekennzeichnet, die den Paradigmen des 20.Jahrhunderts unterliegt: Profitorientierung und Leistungsdruck haben Fragen der gesellschaftlichen Wirkung wie der Sinnstiftung (Purpose) in den Hintergrund gedrängt. Politik und Fördergeber richten ihre Subventionspolitik an Kriterien und Kennzahlen aus, die diesen Paradigmen folgen, die aber nicht mehr den gegenwärtigen Rahmenbedingungen und Herausforderungen entsprechen.


Um zukunftsfähig zu sein und eine tragende Rolle für eine positive menschliche und gesellschaftliche Entwicklung spielen zu können, braucht es ein Umdenken. Es braucht eine Bewusstseinsarbeit dafür, woran der Erfolg von Kulturinstitutionen bestimmt werden soll: an ihrer Wirkung.



Die Theory of Change beschreibt den Zusammenhang zwischen Aktivitäten und gewünschter Wirkung in Form einer systematischen Wirkungskette. Sie ist ein strategisches Tool, um impactorientiert zu planen und zu handeln, und sie ist ein lebendes Narrativ, das beim storytelling und reporting unterstützt. Illustration © Doris Rothauer

Unter Wirkung verstehen wir einen Beitrag zu einem positiven Wandel – auf der individuellen, institutionellen und gesamtgesellschaftlichen Ebene. Eine entsprechende Profilschärfungen, strategische Planungen, ein Wirkungsmanagement plus geeignetes Reporting wären erste Schritte für mehr Wirkungsorientierung.



2. Die Ursachen des Problems sind gleichzeitig die grössten Herausforderungen, vor denen Museen aktuell stehen:


Das Bewusstsein darüber ist vorhanden - in Interviews und Gesprächen wurde von den AkteurInnen und MuseumsarbeiterInnen durchaus selbstkritisch angemerkt, wo der Druck besonders spürbar ist:


  • in den internen Strukturen und Hierarchien, die Innovation und Neues verhindern

  • in den mangelnden Qualitätskriterien

  • in den ständig steigenden Besucherzahlen

  • in den Verteilungskämpfen um die grossen Fördertöpfe


3. Best-Practice-Beispiele zeigen die großen Unterschiede im Zugang zur Wirkungsorientierung auf:


Kunst und Kultur sind Door Opener, um ein so komplexes und kontroversielles Thema wie den Klimakrise auf breiter Ebene zu diskutieren, ohne zu überfordern oder zu polarisieren. Das Natural History Museum ist so ein Change Maker-Museum. Es verbindet Wissenschaft und Kunst und stößt damit fundierte Debatten über die Klimakrise und ihre Folgen an. © The Natural History Museum

Museen im anglo-amerikanischen Sprachraum agieren gegenüber dem deutschsprachigen Raum wesentlich wirkungsorientierter, auf strategischer und inhaltlicher Ebene. Sie haben zum Teil bereits Wirkungs-Reporting eingeführt.


Das Thema spaltet die Museumsszene, es gibt eine Diskrepanz zwischen den „Bewahrern“ und den „Change Makern“, wie nicht zuletzt die aktuelle Diskussion um die Museums-Definition von ICOM zeigt.


Unterschiede im Zugang zeigen sich auch zwischen Kunstmuseen sowie Themen-, Naturhistorischen-, Technischen und Volkskunde-Museen. Wirkungsthemen wie Umwelt, Mobilität, Kolonialismus, etc. stellen für thematisch ausgerichtete Museen einen direkteren Kontext dar. Kunstmuseen sehen demgegenüber Kunst als Selbstzweck, als autonom, sie agieren wesentlich elitärer und selbst referentieller.


Der Druck bei kleineren und/oder regionalen Museen ist wesentlich grösser, daher sind agiler, während die grossen Tanker aufgrund ihrer Autorität und Unantastbarkeit wenig Veränderungsbedarf sehen. Touristenmagnete setzen erfolgreich auf Block-Buster, Wirkung bleibt hier aussen vor.



Wie kommt man vom Umdenken zum Umsetzen? Cultural Impact geht es darum einen Bewusstseinswandel in Gang zu setzen. Wir diskutieren Sorgen, Ängste und Best-Practices mit AkteurInnen aus dem Kulturbetrieb. Neben dem Austausch von Ideen versuchen wir auch unser praktisches Wissen, unsere Wirkungs-Tools weiterzugeben und um Wirkungsorientierung umzusetzen. © Robert Six

Wenn Wirkungsorientierung, dann ist sie häufig im Bereich der Vermittlung angesiedelt - Stichworte „Partizipation“ und „Inklusion“. Die Kunstvermittlung arbeitet unmittelbar mit und für die BesucherInnen, daher ist das Thema dort am ehesten angesiedelt, auch weil es bisher nicht ganzheitliche Strategie angesehen wird.


4. Wünsche und Bedürfnisse der veränderungswilligen AkteurInnen:


  • Das Wissen um Wirkungsorientierung teilen um ein Bewusstsein dafür zu erzeugen.

  • Neue wirkungsorienierte Erfolgskriterien mit Museen erarbeiten.

  • Institutionen erneuern, Relevanz hinterfragen und diese zugleich stärken!

  • Faktor Kultur in der Gesellschaft stärken.

  • Schnittstelle zur Politik beleben und alle Beteiligten an einen Tisch bringen.

  • Best Practices sammeln und sichtbar machen, sodass andere davon profitieren können.

  • Methoden und Tools für mehr Wirkungsorientierung zur Verfügung stellen.


Dafür wird sich Cultural Impact auch in Zukunft einsetzen und an entsprechenden Angeboten arbeiten. Wer uns dabei unterstützen will, ist herzlich willkommen!


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1 Kommentar

1 Comment


holtwick.bernd
Feb 24, 2020

Warum sind die englischen und v.a. amerikanischen Museen so viel "wirkungsorientierter"? Meine Vermutung ist: Weil sie sich viel stärker gegenüber Geldgebern rechtfertigen müssen, die erfahren wollen, was die eingesetzten Mittel bewirkt haben. Im deutschsprachigen Raum wird nicht selten schon die Frage nach dem Nutzen von Kultur-Förder-Mitteln als Sakrileg begriffen ...

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